Coaching für Führungskräfte – Sparringspartner auf Augenhöhe

Nicht nur in Unternehmen setzt sich Coaching als wirkungsvolles Instrument der Führungskräfte-Entwicklung immer mehr durch, auch Institutionen wie Universitäten oder Hochschulen haben das Potenzial erkannt. Seit Anfang des Jahres verstärke ich den Coaching-Pool der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). In einem Doppel-Interview hatte ich Gelegenheit, meine Arbeit vorzustellen. Ich danke der Internen Kommunikation der LMU für die Möglichkeit, das Interview zu verwenden.

Warum die Führungsrolle einsam machen kann und wie sich die Situation durch Coaching verändern lässt, erklären die beiden Expertinnen Anja Wilde und Dr. Tanja Nazlic im Interview mit der LMU.

Können Sie ein wenig über Ihren Werdegang erzählen?

Anja Wilde: Kommunikation zieht sich wie ein roter Faden durch meinen Lebenslauf. Ich habe lange in der Industrie und im Non-Profit-Bereich gearbeitet und konnte schon früh Führungsaufgaben übernehmen. Ich finde es spannend, wie Menschen arbeiten und wie sie dabei miteinander umgehen. Nach einiger Zeit habe ich den Wunsch verspürt, mich in dieser Richtung weiterzubilden und das Ganze auf professionelle Füße zu stellen. Nach einer Mediations- und Coaching-Ausbildung bin ich nun seit sechs Jahren als Vollblut-Freiberuflerin aktiv.

Dr. Tanja Nazlic: Als Psychologin habe ich zunächst als Personalentwicklerin im In- und Ausland, später auch an einer Hochschule gearbeitet. Wie gute Zusammenarbeit und Führung aussehen kann bzw. was dabei unterstützen kann, Zusammenarbeit zu verbessern, ist also ein Kernanliegen von mir. Nach Weiterbildungen zur Beraterin und zum Coach bin ich nun seit elf Jahren selbstständig in den Bereichen Coaching, Führungskräftequalifizierung und Teamentwicklung tätig. Dabei arbeite ich überwiegend mit Führungskräften aus Unternehmen, Verwaltungen, Hochschulen und außeruniversitärer Forschung.

Was ist das Besondere an Ihren Coaching-Veranstaltungen?

Wilde: Es geht im Coaching um Führungskräfteentwicklung im weitesten Sinne. Besprochen werden können alle Themen, die den Coachee umtreiben. Ausgangspunkt ist bei mir immer die Führungskraft selbst: Es geht vor allem darum, sich mit der eigenen Führungsrolle auseinanderzusetzen, um sich persönlich gut einschätzen zu können.

Nazlic: Da kann ich gleich aufspringen: Im Coaching versuche ich zu klären, wo das eigene Bauchgefühl schon passt und wo vielleicht noch Unsicherheiten bestehen. Häufig sehe ich einen großen Wunsch und Bedarf nach Feedback, sowohl bei „Novizen“ in der Führungsrolle als auch bei erfahrenen Führungskräften. Gute Impulse kann auch der Blick auf Modelle aus der Führungsforschung liefern. Das Ganze soll eine wohldosierte Mischung ergeben, damit praktische Fragen aus dem eigenen Führungsalltag konkret geklärt werden können. Es geht mir im Coaching darum, den inneren Kompass anzuwerfen: Wie kann ich selber ehrliche und authentische Strategien entwickeln?

Wilde: Den Punkt „authentisch“ kann ich besonders unterstreichen. Viele haben noch eine Art Schablone im Kopf, wie Führung früher verstanden wurde. Wichtig ist mir, Klarheit über die eigenen Werte und Potenziale zu erhalten, denn man kann nur einbringen, was man selbst auch mitbringt.

Welche typischen Anliegen können im Coaching bearbeitet werden?

Nazlic: Häufig kommen Führungskräfte zu mir, die mit den klassischen Basics für Führung nicht weiterkommen und Fragen rund um ihre Führungsrolle haben. Auch der Wunsch nach konstruktivem Feedback besteht oft. Zum Teil stehen auch ganz konkrete Situationen an, für die man sich Beratung wünscht, etwa ein kritisches Mitarbeitergespräch in einer schwierigen Konstellation.

Wilde: Auch Konflikten sind Führungskräfte ein Stück weit ausgesetzt – es muss dabei nicht um Streit gehen, sondern einfach um Kontroversen. Wichtig ist dabei immer die Unterscheidung zwischen der Sach- und Beziehungsebene. Viele Anliegen drehen sich auch um die eigene Positionierung im Unternehmen als Führungskraft und darum, eine eigene Führungsphilosophie zu entwickeln.

Nazlic: In meiner Beraterpraxis geht es außerdem oft um die Frage, wie man gute Leute halten kann, welche Entwicklungsangebote es gibt. Auch die eigene Rolle als Konfliktmanager, in der ich zunächst allparteilich sein soll, betrachten wir gemeinsam und loten Chancen und Grenzen aus.

Wie läuft ein Coaching üblicherweise ab?

Nazlic: Die meisten Personen kommen mit einem Auftrag aus der eigenen Organisation. Mir geht es zunächst ums Kennenlernen und eine gute Auftragsklärung: Was soll erreicht werden? Welche Ziele bestehen?

Wilde: Teilweise kommt es im Verlauf des Coachings dazu, dass auch Themen angesprochen werden, die anfangs nicht im Fokus standen. Hier hilft der geschützte und vertrauliche Rahmen, auf individuelle Fragen einzugehen. Es handelt sich um einen iterativen Prozess. Teils gibt es auch kleine Aufgaben für den Coachee, um die theoretischen Erkenntnisse gleich in der Praxis umzusetzen.

Nazlic: Coaching kann dabei helfen, Systematik in Probleme zu bringen – wie bei einem Wollknäuel, das kaum zu entwirren scheint. Aus der Außenperspektive ist es manchmal leichter, Lösungsansätze zu finden und erste Schritte zu identifizieren.

Gibt es bestimmte Methoden, die Sie für Ihre Veranstaltungen nutzen?

Wilde: Im Repertoire sind sehr viele Methoden enthalten. Ich mache häufig Wertearbeit, beziehe aber auch viele kommunikationspsychologische Aspekte mit ein. Und das Thema Ressourcenarbeit ist mir wichtig: Woher ziehe ich meine Stärke?

Nazlic: Im Kern versuche ich, in Gesprächen zunächst Fragen zu stellen und diffuse Eindrücke und Gefühle greifbar zu machen. Für eine bildhafte Darstellung nutze ich zum Beispiel Bilder oder die Aufstellungsarbeit. Eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Coach und Coachee ist einer der drei mächtigsten Wirkfaktoren für ein Coaching. Ich verstehe mich auch als ehrlichen Feedbackgeber. Führungskraft zu sein ist eine anspruchsvolle Rolle: Es geht auch darum, wie man sich leistungsfähig und gesund halten kann.

Wilde: Ähnlich wie Frau Nazlic sehe ich mich als Sparringspartner auf Augenhöhe: Die Führungsrolle macht einsam, weil man in ihr alleine ist. Im geschützten Rahmen biete ich die Möglichkeit zur Reflektion, um zusätzliche Sicherheit zu erlangen.

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